10 Tage LOT (Sept. ī09)




Da es ja jedes Jahr etwa genauso abläuft, was die Vorbereitungen für so eine Tour angeht, lass ich das mal weg. 30 Tauchflaschen zu befüllen und den Kram dann verladen ist doch nicht wirklich spannend und völlig ungefährlich, oder?!.



Gegen 14Uhr des 02. Sept. starteten Andi und ich zu einer weiteren Exkursion der frz. Höhlen gen Süden.


Die Euphorie erhielt knapp 90min. später bei Magdeburg einen herben Dämpfer, als ein Reifen an meinem Anhänger sich in seine Bestandteile auflöste. ADAC informiert, Hänger abtransportiert zu ATU, dort bei 30°C drei Stunden die Zeit mit dem Wegschlürfen cooler Milchshakes totgeschlagen und nach Aufziehen 2 neuer Reifen zurück auf die Piste. Weitere Zwischenfälle sollte es dann bis nach Salvagnac glücklicherweise nicht mehr geben. Um die Verzögerung aufzuholen, wurde nur noch zum Tanken gestoppt mit gelegentlichem Fahrerwechsel. Schlafen konnte ich bei dem Geholper nicht wirklich;-(


Gegen 10Uhr des kommenden Morgens erreichten wir unser letztjähriges Quartier bei Familie Vinghe. Die waren uns sooo herzlich in Erinnerung, dass wir einfach wiederkommen mussten. Nach einigen Stunden Schlaf suchten wir am frühen Abend die Lantouy zwecks Checken der Sidemountausrüstung auf. Hinein herrschte exzellente Sicht. Die Engstelle in 22m Tiefe war zu meinem Erstaunen teilweise frei gespült. Mit dem richtigen Gas hätten mein Freund und ich durchaus tiefer vorstossen können. Dem war aber leider nicht so. Es trübte dann auch sehr schnell ein und wir kehrten um, probierten noch Einiges aus und fanden uns dann zum Abendessen bei unseren Gastgebern ein.

In den folgenden 3 Tagen kam ich verdammt schwer aus dem Bett. Die Fahrt steckte mir noch übel in den Knochen. Also unternahmen wir eher entspannte Sachen wie die Suche nach einer uns noch unbekannten Höhle, der Marchepied. Mit recht ungenauer Beschreibung bewaffnet wurden wir nach 1h fündig. Der Eingangsbereich sah schon abenteuerlich aus mit von Metallstützen abgesicherten Felsbrocken und einem im Eingang installierten Metallgestell zum Verhindern nachrutschenden Gesteines. Das hervorquellende, klare Wasser zog uns aber in seinen Bann.

Andi tauchte voraus und zwängte sich durch den metallenen Eingang hinunter in eine sehr flache Eingangspassage, die mit Rückengerät unpassierbar ist. Aber Sidemount hat da so seine Vorteile.

Mit dem Bauch über das Geröll schleifend und stetigem Deckenkontakt öffnete sich die Eingangspassage nach mehreren Metern zu einem kleinen Raum, der gerade genug Platz für zwei Taucher bot. Der nun folgende Gang sah noch enger aus. Wir kehrten zurück an die Oberfläche und besprachen kurz das weitere Vorgehen. Nun tauchte ich voraus, klingte die rechte Stage hinten aus und drehte sie vor mich, um mein Profil weiter zu minimieren. Mehrere Meter im Gang unternahm ich den Versuch einer Kehrtwendung. Es gelang mir nicht. Meinem Partner gab ich das Zeichen zum Rückzug und robbte dann äußerst mühselig rückwärts aus dem Spalt.
Was mich davon abhielt, weiter zu tauchen (es wäre gegangen) war die Tatsache, nicht in einer Notsituation auf meinen Tauchpartner zurückgreifen bzw. diesem helfen zu können, wenn er mich braucht. Wir hätten erst den etwa 20m langen Gang zurücklegen müssen, bevor dieser sich weiter öffnet. Soweit geht meine Liebe zu Höhlen dann doch nicht! Leicht verärgert über unsere Niederlage verließen wir den Ort der Schande;-)

In den kommenden Tagen steuerten wir allseits bekannte Ziele wie Landenouze, Ressel & Ressel II an.
Meist erwarteten uns fantastische Sichtweiten, wenn nicht gerade kurz zuvor ein GUE-Ausbildungstrupp oder frz. Solohöhlenforscher zugegen gewesen waren.
Allerdings kam aus keiner Höhle wirklich Wasser heraus. Es hatte seit Monaten nicht mehr geregnet. Auf dem Plateau war alles verdorrt und nur an den Flüssen mit künstlicher Beregnung sahen die Feldfrüchte ansehnlich aus. Der Umstand der Niedrigwasserstände sollte uns noch schwer zu schaffen machen. Schon bei der Erkundung eines weiteren uns unbekannten Systems, der Emergence de la Dragonniere.
Diese Höhle liegt nahe Cabrerets versteckt unter einer Straße. Nichts weist augenscheinlich darauf hin, dass hier ein relativ großes Höhlensystem mit mehreren Siphonen und vielen Trockengängen versteckt liegt. Ich hatte mir die ersten 30m bis zu S1 am Vortag schon angesehen und für machbar befunden. Allerdings schwenkten wir in unserer Equipmentwahl von Sidemount auf Doppel-7 mit 80Cbf-Stage um. Die Stages schleppten wir zuerst durch den meist knöcheltiefen, hartnäckigen Lehmboden mit einigen Stolperfallen bis zum Einstieg. Danach ging es auf allen Vieren im Nassanzug, das Rückengerät geschultert, ein weiteres Mal unter der Straße hindurch.
Von Andi hörte ich durchweg nur Ächzen, Stöhnen und kleinere Wutausbrüche unterlegt mit lebhaften Beschreibungen in der Farbe des Lehmbodens.
Kurz vor dem Siphon endete der Lehm. Wir wuschen die Reste von unseren Füssen ab und bewegten uns sehr vorsichtig, um die kristallklare Sicht des Wassers nicht zu verderben. Andis Stage und die Kameraausrüstung klippte ich behutsam in die Leine ein. Dieser ob des anstehenden Gewichtes einer weiteren Stage nicht vertrauend, ließ ich meine Flasche ins Wasser gleiten. Der Boden war ja zu sehen. Kurz danach brach das Inferno aus. Beim Einschlag löste sich ein Atompilzartiges Gebilde und färbte den eben noch klaren Siphon tiefbraun. Na toll, Superleistung. Ganz großer Sport! Gratuliere!
Es half nichts. Wir begaben uns grummelnd ins Wasser und während Andi sein Zeug anlegte, tauchte ich bei totalem Siltout (Instrumente waren trotz HID-lampenbestrahlung nicht mehr ablesbar) ab und suchte meine Stage. Es dauerte einige Minuten, bis ich sie ertastete. Nach Klarieren der Ausrüstung tauchte ich voraus in die Dunkelheit. Zentimeterweise tastete ich an der Leine entlang.
Es erschien mir wie eine Ewigkeit, bis der Spuk endlich Nebelschleiern wich, welche sich einige Meter weiter gänzlich auflösten. Die wunderbare Sicht ward wiedergefunden. Ein etwa 2 x 2m Gang zog sich vor mir her. Mein Freund entstieg hinter mir den Nebelschwaden und folgte.
Von der Decke lösten sich durch die Ausatemluft große Sedimentflocken, die die Sicht hinter uns etwas eintrübten. Nach 20m teilte sich die Leine. Nach links führte sie hinein in einen Spalt. Der Hauptgang verlief geradeaus. Ich folgte ihm und mußte mit Erstaunen feststellen, kurz darauf die Wasseroberfläche zu durchbrechen. Natürlich, auch hier machte sich der niedrige Wasserstand bemerkbar. Teils kletternd, teils schwimmend legten wir die folgende, schön ausgewaschene Passage zurück und tauchten dann wiederum ab. Der Gang ähnelte, abgesehen von einigen Nischen, dem ersten Gangstück. Etwa 40m weiter öffnete sich im Boden ein Schacht. Die Leine hing schlaff darüber hinweg. Es folgten zwei weitere parallel zum ersten verlaufende Schächte. Ein irres Gangprofil! Die Leine endete durchtrennt am hintersten Niedergang. Die noch gute Sicht ausnutzend schossen wir ein paar Fotos mit Slave-Blitz und überlegten kurz, mit eigener Leine hinabzutauchen.
Allerdings verschlechterte sich die Sicht deutlich und wir verzichteten darauf. Auf dem Rückweg öffnete sich beim Durchgleiten einer Felsspalte unfreiwillig der Akkutank meiner HID und flutete das NiMh-Akkupack. Der Aufwand hatte sich also auf ganzer Linie gelohnt. Kurz vor der Auftauchstelle empfingen uns dann wiederum die Siltwolken und verschluckten den vor mir tauchenden Andi. Nach 3h und nur 45min reiner Tauchzeit lag alles einschliesslich uns Schlickrutschern im wärmenden Sonnenlicht. Mein Gegenüber meinte nur: Nie wieder!!! Und ich konnte das zumindest teilweise nachvollziehen;-)

Es sollte aber noch deutlich strapaziöser werden.

Im vergangenen Jahr hatten wir mit kleinem Besteck (Doppel-7) den zweiten Siphon der Emergence de Crégols besucht und seitdem Pläne geschmiedet, mit mehr Gas und leichterer Überwindung der Kletterstrecken zwischen S1 und S2 die Höhle erneut in Angriff zu nehmen. Bei unserm Eintreffen früh am Morgen floss natürlich auch hier kein Wasser aus dem Eingang. Nach Deponieren von Strickleiter, 4 x TMX 21/35, 2 Stages EAN 50 und zwei weiteren Stages mit reinem Sauerstoff zog jeder einen Nasstauchanzug für die Plackerei bis S2 an.
Auf allen Vieren und nur Stückchenweise schleiften wir die Stages zur Engstelle und dem gleichzeitigen Anfang von S1. Dann zurück zum Auto, Flüssigkeitshaushalt aufgefüllt, Sidemountharness angelegt und hinein ins Vergnügen. Jeder von uns durchtauchte den 20m kurzen Siphon 2 - 3x, ehe alles unterhalb des zwischen großen, wild übereinander liegenden Gesteinsbrocken hindurchführenden Aufstiegs lag.
Wir zogen uns am vor Ort befestigten alten Seil mehrere Meter hinauf bis zum Ende des engen Schachtes.
Dort installierte Andi unter Mithilfe ausgefeilter Seiltechnik eine Leinenrolle, mittels derer ich dann das Equipment hinauf zog. Mein Freund sorgte unterdessen unten für Nachschub.
Ich nutzte dazu meinen alten Schleifsack und mein Buddy eine Monotrageschale. Nun mußten nur noch je 3 Stages (der Sauerstoff blieb unten bei S1) durch eine etwa 100m lange Halle über etliche große Gesteinsplatten hinweg zum zweiten Siphon transportiert werden.
Die Sache mit der Strickleiter scheiterte leider, da der Aufstieg nicht ganz senkrecht vollzogen werden konnte. Nach 6 Durchquerungen tauchten wir zurück ans Tageslicht. 4 Stunden waren seit Beginn vergangen. Ein Nickerchen und eine ausgedehnte Mahlzeit, dann schlüpften wir in unsere Trockis, stiegen hinab zur Crégols, durchtauchten den mittlerweile sehr siltigen ersten Sump und machten uns auf den Weg weiter hinein in den Berg. Im Wasser beim Anlegen der Flaschen machte uns der Lehm am Boden ziemlich zu schaffen. Das Sediment wurde nicht wie vergangenes Jahr gleich hinausgespült, sondern bewegte sich langsam Richtung Schacht in einigen Metern Entfernung. Um noch ein paar gute Aufnahmen des atemberaubenden Gangprofils hinzubekommen, mußte alles recht schnell gehen. Vorsichtig schwamm ich im flachen See vorwärts aus dem Lehm hinaus, wusch unterwegs letzte Lehmreste ab und guckte hinein in das tiefe Gebilde.
Glück gehabt. Die Sicht schien ungetrübt. Kurze Instruktionen, dann tauchte mein Freund langsam ab hinein in den Schlund. Ich folgte langsam, immer wieder ein passendes Motiv suchend, in einigen Metern Abstand. Diese Höhle ist schon unglaublich! Unbegreiflich, wie etwas derart Riesiges entstanden ist und sich dann hinter einem so kleinen Eingang verbirgt. Allein dieser Anblick rechtfertigte die Strapazen.
In einem kleinen Nebenraum am Schachtgrund verweilten wir kurz, sogen die Eindrücke in uns auf und tauchten dann den sich anschließenden, steil abfallenden Kieshang unter einer teils flachen Decke hinab bis -32m. Dahinter stieg der Gang wieder an und mündete in eine sehr große Halle. Mittlerweile rieselten überall von der Decke Sedimentflöckchen, die weitere Aufnahmen verhinderten. Einige Minuten hielten wir uns noch dort auf und betrachteten verschiedene kuriose Auswaschungen.
Dann begannen der langsame Wiederaufstieg und die sich anschließende Plackerei, das Equipment zu Tage zu befördern. Auf einen erneuten Anzugwechsel verzichteten wir aufgrund der vorangeschrittenen Tageszeit.
Nach 11h unter Tage gegen 21Uhr verließen wir die Crégols völlig erschöpft. Unsere Vermieter spielten an dem Abend wohl schon mit dem Gedanken, die Flicīs zu informieren;-))
Die letzten zwei Tage verbrachten wir zur Erholung dann mit Sightseeing, Weinverköstigungen, Schauhöhlen (Pech Merle muss man gesehen haben!) und guter einheimischer Küche.
Vielen, vielen lieben Dank auch an unsere Vermieter, Jackie und Sylvie Vinghe! Wir haben uns bei ihnen sehr wohl gefühlt!